„Industrie 4.0“ ist bereits zehn Jahre alt, trotzdem wird der Begriff immer noch oft missverstanden oder falsch definiert – auch Unternehmen kämpfen immer noch damit, Industrie 4.0 umzusetzen. Doch nun steht bereits die nächste Generation, Industrie 5.0, vor unserer Tür – denn: was bisher in allen Diskussionen rund um das Thema Industrie vergessen wurde, ist einer der wesentlichsten Faktoren der Wirtschaft, der Mensch.
Der Faktor Mensch spielt in praktisch allen Teilen moderner Technologien, insbesondere beim Digitalen Wandel, eine Schlüsselrolle. Etwa bei der Gestaltung von neuen Telearbeits- und Lern-Umgebungen, bei einer integrativen Stadt- und Regionalplanung, der Transformation von Unternehmen, bei autonom fahrenden Autos oder bei Fragestellungen der Künstlichen Intelligenz.
Was ist Industrie 5.0?
Die Industrie ist ein Schlüsseltreiber ökonomischer und gesellschaftlicher Veränderungen, und spielt eine wichtige Rolle für Lösungen vieler Probleme unserer Zeit, wie etwa den Klimawandel oder den Ressourcenerhalt. Um weiterhin Wohlstand generieren zu können, muss sich die Industrie in den nächsten Jahren besonders in den Bereichen Digitalisierung und Nachhaltigkeit weiterentwickeln.
Industrie 5.0 steht für einen neuen Zugang zur Industrie, der nicht nur Effizienz und Produktivität verfolgt, sondern auch ihren Beitrag zur Gesellschaft leisten will. Sie fokussiert sich sowohl auf das Wohlbefinden des Mitarbeiters als auch auf Forschung und Innovation. Mit neuen Technologien fördert sie Wohlstand über Jobs und Wachstum hinaus, und berücksichtigt dabei die limitierten Ressourcen unseres Planeten.
Der Grundgedanke von Industrie 5.0 ist, dass die Güterproduktion der Zukunft nicht nur innovativ und wettbewerbsfähig, sondern auch menschenzentriert, nachhaltig und resilient sein soll.
– Mensch im Fokus: Wenn Menschen von Unternehmen ausschließlich als Ressource verstanden werden, die eingespart werden muss, dann wird es mittelfristig niemanden mehr geben, der sich Produkte oder Dienstleistungen von ebendiesen Unternehmen leisten kann. Industrie 5.0 fördert außerdem die individuellen Talente und Skills von Mitarbeiter*innen.
– Nachhaltigkeit: Unternehmen tragen große Verantwortung für die Umwelt sowie den Schutz von begrenzten Ressourcen, die von kommenden Generationen benötigt werden. Nur jene Unternehmen, die Umweltschutz und Nachhaltigkeit in ihre Prozesse integrieren, werden überleben können.
– Resilienz: Unternehmen müssen anpassungsfähig sein und mit Unsicherheiten umgehen können – nicht alles in der Zukunft kann prognostiziert oder geplant werden (Stichwort „Pandemie“).
Die weltweite COVID-19 Pandemie hat unserer Gesellschaft den hohen Stellenwert von Wissenschaft, Forschung und Innovation gezeigt. In all diesen Entwicklungen soll und muss der Mensch immer im Fokus bleiben: seine Bedürfnisse müssen in den Transformationsprozess einfließen. Nur so kann garantiert werden, dass die Technologie dem Menschen dient – und nicht umgekehrt.
Das Ziel von Industrie 5.0 ist es, die Stärken von Mensch und Maschine miteinander zu kombinieren. Voraussetzung für derartige kollaborative Systeme ist es, dass bei der Gestaltung der Schnittstellen die menschlichen Bedürfnisse vorrangig behandelt werden – denn nur so kann in weiterer Folge der Mensch seine Stärken ausspielen.
Warum Industrie 5.0?
Der Mensch ist keine Maschine oder „Ressource“ – der Mensch verfügt über Ressourcen: nämlich die Zeit, Fähigkeiten und Talente, die er dem Arbeitgeber zur Verfügung stellt. Darüber hinaus kann der Mensch bestehende Prozesse hinterfragen – eine Maschine kann das nicht.
Indem Industrie 5.0 die Skills und Ausbildungsbedürfnisse von Mitarbeiter*innen fördert, steigert sie die Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen und somit der gesamten Industrie, und unterstützt dabei, zukünftige Talente zu gewinnen.
Darüber hinaus hat Industrie 5.0 aufgrund zirkulärer Produktionsmodelle positive Auswirkungen auf den Planeten – hierbei handelt es sich um Modelle, die darauf abzielen, Produkte nach Gebrauch weiterzuverwenden, nachzurüsten oder für andere Zwecke wiederzuverwenden. Zusätzlich fördert Industrie 5.0 innovative Technologien, die eine effizientere Nutzung natürlicher Ressourcen ermöglichen.
Die Zukunft von Industrie 5.0
Während in einigen Unternehmen das Konzept von Industrie 5.0 bereits aktiv gelebt wird, bleibt es weiten Industriebereichen derzeit noch eine Zukunftsvision. Oft fehlt die Einsicht, dass der Fokus auf die Mitarbeiter*innen lebensnotwendig ist, in anderen Firmen überwiegt noch die Angst vor Transformation. Industrie 5.0 ist allerdings eine notwendige Kurskorrektur, denn lange währender Wohlstand ist nur in Zusammenarbeit mit Natur und Gesellschaft möglich.
Quellen:
https://ec.europa.eu/info/research-and-innovation/research-area/industrial-research-and-innovation/industry-50_en
https://www.report.at/blogs/europa/industrie-5-0-eine-laengst-faellige-korrektur
https://industriemagazin.at/a/industrie-50-wir-haben-da-etwas-vergessen
https://www.ait.ac.at/blog/den-menschen-ins-zentrum-ruecken